Günter Rahm wurde 1934 in Wültschkau, einem kleinen Ort an der Oder zwischen Breslau und Liegnitz in Niederschlesien, damals Deutsches Reich, geboren. Als er ein Jahr alt war, zogen seine Eltern, das Schneider-Ehepaar Max und Helene Rahm, mit ihren beiden Kindern nach Liegnitz (polnisch: Legnica). Günters Vater hatte Arbeit als Schneider am dortigen Flughafen gefunden. Bis zum deutschen Überfall auf Polen am 1. September 1939 führte die Familie ein geordnetes Leben. Man hatte in der Stadt eine Mietwohnung und einen großen Schrebergarten etwas außerhalb der Stadt, in dem Gemüse angebaut wurde. Der Vater wurde zunächst nicht zum Wehrdienst eingezogen, da seine Arbeit am Flughafen als kriegswichtig galt. Im Jahr 1944 wurde er dann doch eingezogen und galt bald als vermisst. Erst nach Kriegsende erfuhr die Familie, dass er in französische Kriegsgefangenschaft geraten war.
Inzwischen hatte Helene Rahm sechs Kinder, allesamt Buben, zu versorgen. Mit dem Vorrücken der Roten Armee auf Niederschlesien zu Jahresanfang 1945 setzte eine große Fluchtbewegung aus den deutschen Ostgebieten ein. Am 31. Januar 1945 machte sich Helene Rahm bei Eiseskälte mit ihren Kindern in aller Frühe zu Fuß zum Liegnitzer Flughafen auf, weil sie sich dort einem Transport ins Reich anschließen konnten. Der Korb mit dem zehn Monate alten Bruder Winfried wurde auf einen Schlitten gebunden.
Die Familie fand Platz in einem Viehwaggon, in dem etwa 60 weitere Personen eingezwängt waren. Nach vierzehn Tagen und unzähligen Stopps aufgrund von Tieffliegerangriffen hielt der Zug in Apolda in Thüringen. Alle Zuginsassen litten während der Fahrt an großem Hunger, das mitgenommene Essen reichte bei Weitem nicht für die lange Fahrt. Das Schreien der Kleinkinder war unablässig zu hören. Mit dem Befehl: „Endstation Apolda! Alles aussteigen“ mussten alle Zuginsassen den Waggon verlassen.
In Apolda wurde die Familie zunächst in eine Holzbaracke einquartiert, nach einigen Monaten kam die Einweisung in ein Behelfsheim. Dort lebte die Familie vier Jahre lang. Die Zeit war geprägt von häufigem Hunger und wenig Kleidung. Jedes Kind besaß nur ein Paar Schuhe.
Zu Jahresanfang 1949 kam der Vater endlich aus französischer Gefangenschaft zurück. Er eröffnete eine Schneiderwerkstatt in Apolda und die Familie konnte eine eigene Wohnung in der Nähe des Bahnhofs anmieten.
Günter ging mit seinen Brüdern und Freunden in jeder freien Minute kicken. Mit 14 Jahren spielte er in der A-Jugend der Spielgemeinschaft Aue Apolda. Linksfüßer waren gesucht und der Verein spendierte ihm daher einen übrigen linken Fußballschuh. Einen rechten Fußballschuh hatte man nicht übrig, bei Training und Spiel musste ein Straßenschuh herhalten. Erst mit sechzehneinhalb Jahren besaß Günter Rahm ein eigenes Paar Fußballschuhe.
Bis 1953 spielte Günter im Nachwuchsbereich der Betriebssportgemeinschaft (BSG) Empor Apolda. Zur Saison 1953/54 wechselte er zu BSG Motor Jena (ab 1966: FC Carl Zeiss Jena). Die Mannschaft war zuvor aus der Oberliga in die zweitklassige DDR-Liga abgestiegen. Der Verein ermöglichte ihm jedoch ein Studium an der Ingenieurschule für Feinmeldetechnik. Mit Motor Jena spielte Rahm bis zur Saison 1956 (Wechsel zum Kalenderjahr-Spielrhythmus) in der DDR-Liga. In 78 Meisterschaftsspielen kam er 60-mal zum Einsatz und erzielte 14 Tore. Inzwischen durch intensives Training auch mit einem starken rechten Fuß ausgestattet, wurde er oftmals als rechter Läufer eingesetzt. Günter Rahm war Stammspieler geworden und schaffte 1956 mit Motor Jena den Wiederaufstieg in die Oberliga. Im Jahr 1956 wurde er einmal in die Nachwuchsauswahl der DDR und zweimal in die B-Nationalmannschaft berufen. Diese Spiele galten auch als Sichtung zum Aufbau einer verjüngten A-Nationalmannschaft für die Weltmeisterschaft 1958 in Schweden. Dieses Vorhaben zerschlug sich jedoch durch eine 1:4-Niederlage der Nationalmannschaft im entscheidenden Spiel gegen die Tschechoslowakei am 27. Oktober 1957. In der Saison 1958 bestritt Günter Rahm alle 26 Oberligaspiele für den SC Motor Jena.
Günter Rahm war als Sportler privilegiert, er erhielt neben Sieg- und Punktprämien auch Extra-Lebensmittelmarken und einen schnelleren Zugang zu Luxusgütern, auf die »Normalbürger« oft viele Jahre warten mussten. So war der Kauf eines begehrten 350er Jawa-Motorrads für ihn kein Problem. Als erfolgreicher Sportler konnte er mit einem Interzonenpass auch ohne Weiteres in den Westen reisen.
Diese Bevorzugung konnte jedoch nicht die Überwachung, Gängelung, Einschränkungen und Repressalien durch die Einheitspartei SED und den Staatsapparat aufwiegen. Große Teile der Familie von Günter Rahm und seiner damaligen Freundin Gisela hatten sich in den Jahren 1954 und 1955 bereits illegal nach Westberlin und nach München abgesetzt. Wer jedoch ohne Erlaubnis nach Westdeutschland ging und dort blieb, galt als Landesverräter und Republikflüchtling. Die im Osten zurückbleibenden Familienmitglieder mussten sich daher auf Repressalien gefasst machen.
So entschieden sich Günter und Gisela zu Jahresende 1958 – der SC Motor Jena hatte gerade die Vizemeisterschaft errungen – für eine illegale Ausreise nach Westdeutschland. Das bedeutete, das ganze Leben auf den Kopf zu stellen, Heimat und Freunde zu verlassen, alle Privilegien zu verlieren und noch mal von vorne anzufangen.
Am 14. Dezember 1958 bestiegen sie den Zug von Jena nach Westberlin. Das war durchaus nicht ohne Risiko, kontrollierten doch Zugbegleiter die Papiere und Koffer der Reisenden, um illegal Ausreisende herauszufischen und zu verhaften. Alles ging gut und einige Tage später konnten sie mit dem Flugzeug von Westberlin nach München reisen. Wenige Tage später erhielten sie bereits einen (west-)deutschen Personalausweis. Eine Wohnung fanden sie zunächst bei Giselas Eltern in München. Am 4. Dezember 1959 heirateten beide.
Beruflich und sportlich ging es schnell bergauf. Gisela Rahm, bereits in DDR-Zeiten eine erfolgreiche Hockeyspielerin, fand Anschluss beim Münchner Sportclub und spielte in der Ersten Mannschaft, in der Stadtauswahl und in der süddeutschen Auswahl. Als approbierte Apothekerin fand sie sofort eine Anstellung in einer Schwabinger Apotheke. Günter wurde nach einer Anfrage bei Adalbert Wetzel, dem 1.Vorsitzenden des TSV 1860, sofort zum Training eingeladen und sollte als Stürmer eingesetzt werden. Allerdings verweigerte der DDR-Fußballverband die Freigabe und ließ ihn wegen eines unerlaubten Vereinswechsels für ein Jahr sperren. Das bedeutete: Ein Jahr lang nur trainieren und auf der Ersatzbank sitzen. Am 20. Dezember 1959 konnte er das erste Spiel für die Löwen bestreiten und gehörte von da an zu der von Max Merkel trainierten Mannschaft. Der vielseitig einsetzbare Spieler kam dabei als Verteidiger wie als Stürmer zum Einsatz. Am 27. Mai 1960 spielte er im Freundschaftsspiel gegen den FC Santos als Verteidiger gegen Wunderstürmer Pelé. Im Jahr 1963 errang er mit dem TSV 1860 die Süddeutsche Meisterschaft. Mit 28 Einsätzen bei 30 ausgetragenen Punktspielen hatte er daran großen Anteil.
Da er bei der Firma Agfa in der Tegernseer Landstraße eine Anstellung als Laboringenieur gefunden hatte und den Beruf nicht aufgeben wollte, wurde es für ihn immer schwieriger, Fußball und Arbeit miteinander zu verbinden. Eine schwere Knieverletzung im Sommer 1963 und die mit der Einführung der Bundesliga einhergehende Professionalisierung erforderten dann eine Entscheidung zwischen Beruf und Fußball. Günter Rahm entschied sich für den Beruf und beendete zum Saisonende 1963/64 seine Fußballkarriere. Die Verbindung zum Verein blieb allerdings erhalten und vom 22. März 1968 bis zum 28. November 1970 leitete er die Fußballabteilung der Löwen.
Nach dem Ende seiner aktiven Laufbahn spielte er noch jahrelang beim Fußballverein »FC Schmiere«, den der Journalist und Regisseur Sammy Drechsel (1925-1986) im Jahr 1956 gegründet hatte. Meist spielte der Verein, dessen Mannschaft mit zahlreichen Prominenten und ehemaligen Spitzenfußballspielern bestückt war, für wohltätige Zwecke. Günter Rahm kam hierbei in Kontakt mit Persönlichkeiten aus Sport, Kultur und Politik und schloss viele Freundschaften. Im Jahr 1973 übernahm er die Leitung des Agfa-Werks Peiting.